Schriftzug Arbeitszeugnis auf weißem Papier, ein oranger Kugelschreiber liegt darüber, eine Brille direkt über dem Namen.

Arbeitszeugnis entschlüsseln: So lesen Sie zwischen den Zeilen

Hand aufs Herz: Haben Sie schon einmal ein Arbeitszeugnis gelesen und sich gefragt, was der Arbeitgeber wirklich damit sagen wollte? Sie sind nicht allein. Viele Menschen fühlen sich unsicher, wenn es darum geht, versteckte Botschaften in Arbeitszeugnissen zu entschlüsseln. Einmal abgesehen davon, dass sie eigentlich verboten sind. Wir haben die trotz allem beliebtesten und immer noch häufig angewandten Codes in Arbeitszeugnissen für Sie entschlüsselt.

Kündigung, neuer Arbeitsplatz, Jobsuche: Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, gibt es zum Abschluss zumeist ein Arbeitszeugnis. Ob dieses gut oder schlecht ausfällt, hängt von Ihrer Leistung, Ihrer Teamfähigkeit und Ihrem Sozialverhalten ab. Sie möchten Ihr Arbeitszeugnis entschlüsseln? Keine Sorge! Mit den richtigen Kenntnissen können Sie die Geheimsprache der Arbeitszeugnisse knacken und wertvolle Einblicke gewinnen. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, worauf es bei der Interpretation ankommt und wie Sie die wahre Bedeutung hinter den wohlklingenden Formulierungen erkennen.

Die Leistungsbeurteilung: Von „stets zur vollsten Zufriedenheit“ bis „bemüht“

Die Leistungsbeurteilung ist das Herzstück jedes Arbeitszeugnisses. Wir sagen Ihnen, wie Sie Ihr Arbeitszeugnis entschlüsseln und die typischen Formulierungen und ihre Bedeutung erkennen: „Stets zur vollsten Zufriedenheit“ steht für die Schulnote 1. Eine 2 gibt es mit der Formulierung „stets zur vollen Zufriedenheit“. Durchschnittliche Leistungen hat ein Arbeitnehmer gebracht, wenn er „zur vollen Zufriedenheit“ gearbeitet hat. Und eher eine 4 gibt es für „zur Zufriedenheit“. Hat sich ein Arbeitnehmer hingegen „bemüht“, steht das für die Zeugnisnote 5, also ein Nicht genügend. Achtung: Schon kleine Nuancen in der Formulierung können große Unterschiede in der Bewertung bedeuten!

Das Sozialverhalten: Formulierungen im Arbeitszeugnis entschlüsseln

Beim Sozialverhalten geht es um den Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten und Kunden. Auch hier gibt es codierte Formulierungen. Wenn Sie diese kennen, fällt es Ihnen leichter, Ihr Arbeitszeugnis zu entschlüsseln:

• Sehr gutes Verhalten ist gemeint, wenn im Dienstzeugnis steht: „Verhielt sich stets einwandfrei“. • Auf ein durchschnittliches soziales Verhalten weist die Formulierung „Verhielt sich korrekt“ hin. • Die Formulierung: „War im Umgang mit Kollegen aufgeschlossen“ könnte auf Probleme hindeuten. Achten Sie besonders darauf, wenn das Verhalten gegenüber bestimmten Gruppen (z.B. nur Kollegen, nicht aber Vorgesetzte) gelobt wird. Seien Sie misstrauisch bei übertrieben positiven oder auffällig vagen Formulierungen. Oft verbirgt sich dahinter Kritik.

Geheimcodes im Arbeitszeugnis entschlüsseln

Die Sprache im Arbeitszeugnis sollte wohlwollend und gleichzeitig wahrheitsgemäß sein. Folgende Formulierungen sagen mehr, als man zuerst meinen möchte und werden in den meisten Arbeitszeugnissen angewandt.

„…zur vollsten Zufriedenheit“: Ein durchweg positives Zeugnis verwendet in fast allen Formulierungen den Superlativ. Wenn Sie Ihre ehemaligen Arbeitnehmer mit der Note 1 bewerten möchten, verwenden Sie also Superlative wie oben.

„… hat sich stets bemüht“: Diese Formulierung weist bereits auf bestimmte Mängel in der Arbeitsleistung hin. Die Formulierung „stets bemüht“ heißt im Klartext: „… hat sich Mühe gegeben, mit zweifelhaftem Erfolg“

„… hat sich mit ganzer Kraft eingesetzt“: Wenn sich Ihr Arbeitnehmer bei speziellen Projekten oder in seiner alltäglichen Arbeit wirklich anstrengt, aber nicht immer brilliert, können Sie diese Formulierung verwenden. Sie sagt aus, dass sich der Arbeitnehmer wirklich ehrlich angestrengt hat, was positiv ist.

… im Rahmen seiner/ihrer Fähigkeiten“: Der Arbeitnehmer hat begrenzte Fähigkeiten, für Leistungen darüber hinaus ist er oder sie nicht fähig gewesen. Wenn Sie also die Leistung des Arbeitnehmers anerkennen, dabei aber klarmachen möchten, dass der Leistungshorizont begrenzt ist, formulieren Sie so oder ähnlich.

„…kommunikationsstarke Persönlichkeit im Team“: Kommunikationsstark und integrativ bedeutet in diesem Fall sehr, eigentlich zu gesprächig. Das heißt, mit dieser Formulierung machen Sie darauf aufmerksam, dass der Arbeitnehmer unterm Strich mehr geredet als gearbeitet hat.

„…zeigte großes Selbstvertrauen“: Wenn Sie als Arbeitgeber im Dienstzeugnis Sätze schreiben wie „Herr XY verfügt über viel Fachwissen und zeigte stets großes Selbstvertrauen“ sagen Sie dem potenziell nächsten Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer sich gerne reden hört, aber im Endeffekt mit wenig Substanz dienen konnte.

„… die übertragenden Arbeiten ordnungsgemäß erledigt“: Ordnungsgemäß heißt nicht weniger aber auch nicht mehr als korrekt. Sprich, der Arbeitnehmer hat alles getan, was man ihm aufgetragen hat, Eigeninitiative oder Leistung über die Aufgaben hinaus wurden vermisst.

„… stets mit Interesse und Begeisterung dabei“: Leidenschaft für den Job ist grundsätzlich etwas Gutes Wenn Ihr ehemaliger Arbeitnehmer jedoch nicht mehr gezeigt hat, als Begeisterung und Sie sagen möchten, dass Begeisterung allein nicht zum Erfolg im Beruf folgen, wird das oft mit dieser Floskel umschrieben.

„… trug zum guten Betriebsklima bei“: Wird ein Arbeitnehmer als gesellig beschrieben, meint das in klaren Worten, dass er oder sie gerne und viel geredet und geplaudert hat.

„… setzte sich für die Belegschaft ein“: Im Klartext heißt das: Ihr ehemaliger Arbeitnehmer lässt sich nicht alles gefalllen, ergreift Partei für seine Kolleginnen und Kollegen, ist gut informiert über die Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer und tut dies auch kund.

Rechtliche Aspekte: Was darf im Arbeitszeugnis stehen und was nicht?

Arbeitszeugnisse unterliegen rechtlichen Vorgaben. Sie müssen wahr und wohlwollend formuliert sein, direkte Kritik ist nicht erlaubt. Der Arbeitnehmer hat ein Recht auf ein Zeugnis und wie bereits erwähnt, Geheimcodes sind rechtlich umstritten. Bei Verdacht auf ein unfaires Zeugnis sollten Sie zunächst das Gespräch mit dem Verfassenden suchen oder sich direkt an die AK wenden und das Arbeitszeugnis durchchecken lassen.

So fordern Sie ein faires Zeugnis ein

Hier noch ein paar Tipps, wie Sie als Arbeitnehmer zu einem fairen Arbeitszeugnis kommen: Bitten Sie um ein Zwischenzeugnis, bevor Sie kündigen. Vergleichen Sie das finale Zeugnis mit dem Zwischenzeugnis. Getrauen Sie sich auch, Korrekturen einzufordern, wenn Sie Unstimmigkeiten bemerken. Lassen Sie das Zeugnis im Zweifel von einem Experten prüfen.

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